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Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung bei verkehrsfremder Tätigkeit am Steuer

Wer die zugelassene Höchstgeschwindigkeit (vorliegend 80 km/h) um 13 km/h überschreitet, rechnet in der Regel nicht mit einem Bußgeld in Höhe von 80,00 € und einem Punkt in Flensburg. Hierfür verlangt das Gesetz normalerweise erheblich deutlichere Überschreitungen. Im Bundesland Berlin muss ein Beschuldigter aber immer damit rechnen, vollkommen aberwitzig abgeurteilt zu werden. So geschah es auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren 302 OWi 75/15 am Amtsgericht Tiergarten. Dort wurde dem Fahrer ein Handyverstoß vorgeworfen, auf dem Foto erkannte man allerdings nur einen klobigen Gegenstand, der zudem hätte fest an der Autoinneneinrichtung montiert sein können. Zudem sei er 13 km/h zu schnell gefahren, eine geringfügige zusätzliche Übertretung. Insgesamt belief sich der Bußgeldbescheid auf 60,00 € und einen Punkt. Während der Verhandlung konnte dargelegt werden, dass die Benutzung des Handys nicht sicher nachzuweisen sei. Der Vorsitzende meinte dann aber – sichtlich verärgert über den sich abzeichnenden Erfolg der Verteidigung -, der Betroffene mache auf dem Foto zumindest etwas Verkehrsfremdes. Dies sei grob fahrlässig und deshalb nehme er zumindest billigend eine Geschwindigkeitsüberschreitung in Kauf. Anschließend wies der Vorsitzende darauf hin, dass es auch bei einem Verstoß wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, der mit 60,00 € geahndet würde, einen Punkt gäbe. Dies soll hier möglich sein, weil wegen der Voreintragung eine Buße von 40,00 € zu erwägen sei und wegen Vorsatz eine Verdoppelung auf 80,00 €. Er schlug daher vor, man solle den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränken und es würde dann 55,00 € geben. Dies hielt die Verteidigung selbstverständlich für groben Schwachsinn, lies sich nicht auf den Vorschlag ein und beantragte Freispruch. Im Plädoyer wies sie nochmals darauf hin, dass für eine Handynutzung nichts spreche und bei 13 km/h Überschreitung mitnichten Vorsatz angenommen werden könne. Selbst wenn der Betroffene kurz nicht auf die Straße geblickt haben sollte, wäre die Verurteilung wegen Vorsatzes bei der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht im Ansatz haltbar und es gäbe auch keinen derartigen Erfahrungssatz, dass Wegschauen mit billigender Inkaufnahme einer Geschwindigkeitsüberschreitung einhergehe. Am Ende wurde der Mandant tatsächlich wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung zu 80,00 € nebst Punkt verurteilt. Der Handyverstoß entfiel mangels Nachweisbarkeit. Eine ans Absurde grenzende Entscheidung.